9.

 

Der kleine Geschenkartikelladen war freundlich und hell.

 

Keltische Musik spielte leise im Hintergrund. Eine Seite des Verkaufsraums wurde vollständig von New-Age-Literatur und von Halbedelsteinen in allen erdenklichen Farbtönen eingenommen, während die andere Feen und Drachen und mythologischen Geschöpfen vorbehalten war. Damon war darauf eingestellt gewesen, ein wüstes Durcheinander vorzufinden, nachdem er die Bemerkungen über das mangelnde Recycling-Bewusstsein der Inhaberin gehört hatte, doch die Verkaufsräume blinkten.

»Ich glaube, Donna kennt sich durchaus mit Recycling aus«, flüsterte Damon Sarah ins Ohr. »Wahrscheinlich hat sie ihre Kenntnisse aufgefrischt, nachdem sie gesehen hat, wie Inez sie mit geschürzten Lippen durch die Schaufensterscheibe anschaut und dabei die Arme in die Hüften stemmt.« Seine Zähne knabberten einen Moment lang an Sarahs Ohr und sandten einen Schauer durch ihren ganzen Körper. »Lass uns von hier verschwinden, solange wir noch Gelegenheit dazu haben.«

Sarah schüttelte den Kopf. »Ich habe eindeutig das Gefühl, wir sollten unter allen Umständen noch heute mit Donna reden.« Ein Ausdruck der Verwunderung trat auf ihr Gesicht und ihre Stirn zog sich in Falten.

Damon spürte, wie sich in seinem Innern etwas regte und sich dann um sein Herz schlang. Wissen keimte in ihm auf.

Und Glaube. Seine Weltsicht gründete sich auf Logik und wissenschaftliche Abhandlungen, und doch wusste er, dass Sarah sich von anderen Menschen unterschied. Er wusste, dass sie magische Kräfte besaß. Die mysteriöse Sarah war nach Hause zurückgekehrt und gemeinsam mit ihr hatte eine nicht näher bestimmbare Kraft, die man beim besten Willen nicht ignorieren konnte, ihren Einzug gehalten. Er selbst konnte sie deutlich wahrnehmen, da er mittlerweile einige Zeit mit ihr verbracht hatte. Diese Kraft war ganz real vorhanden. Er konnte sie zwar nicht erklären, aber er wusste, dass sie da war, tief in Sarahs Innerem.

Dieses Wissen erleichterte es ihm enorm, die verblüffende Intensität ihrer gegenseitigen Anziehungskraft zu akzeptieren. Es half ihm sogar dabei, an die gewaltigen Gefühle zu glauben, die er ihr schon jetzt entgegenbrachte. Wie konnte man sich auf den ersten Blick verlieben? Diese Vorstellung hatte ihn immer zu spöttischen Bemerkungen veranlasst, und doch nahm Sarah bereits einen großen Platz in seinem Herzen ein, obwohl er sie erst seit ein paar Tagen kannte.

»Wenn du das sichere Gefühl hast, wir sollten mit Donna reden, dann lass uns sehen, dass wir sie so schnell wie möglich finden«, stimmte er bereitwillig zu. Sarah hatte ihn für alle Zeiten verändert. Er war innerlich verwandelt und der Mann, in den er sich verwandelte, war ihm viel lieber als der, der er bisher gewesen war. Wenn er sich zu viele Gedanken darüber machte, leuchteten ihm seine eigenen Gefühle überhaupt nicht ein, aber er wollte sich gar keine Gedanken darüber machen. Er nahm seine Gefühle einfach hin und hieß die Chance, die ihm das Schicksal gegeben hatte, mit offenen Armen willkommen.

Sarah rief nach Donna, als sie sich mit der angeborenen Anmut, die Damon längst mit ihr in Verbindung brachte, durch den Verkaufsraum bewegte. »Donna ist gemeinsam mit Joley zur Schule gegangen. Sie ist ein echter Schatz, Damon - seid ihr einander schon begegnet?« Sie warf einen Blick durch den Vorhang aus Perlenschnüren, der den Laden vom Lager trennte.

»Ich habe sie mehrfach im Lebensmittelladen gesehen«, sagte Damon. »Sie und Inez tauschen mit Begeisterung sarkastische Bemerkungen miteinander aus.«

»Die beiden sind schon seit Jahren eng befreundet. Als Inez vor ein paar Jahren krank war, ist Donna bei ihr eingezogen und hat sie gepflegt. Sie hat neben ihrem eigenen Geschäft auch noch den Lebensmittelladen übernommen. Den beiden macht es Spaß, sich anzugiften, aber kein Wort ist ernst gemeint. Das Fliegengitter in der Hintertür steht offen. Das ist wirklich sehr seltsam. Donna hat eine Phobie, wenn es um Insekten geht. Sie lässt nie Türen offen stehen.« Sarahs Stimme klang besorgt. Damon folgte ihr durch den Perlenvorhang und bemerkte das ordentlich gestapelte Papier, das zu dicken Packen verschnürt war, und die Tonne für den Plastikmüll, die mit riesigen Buchstaben beschriftet war. »Ich muss schon sagen, Donna versteht mehr vom Recycling als die meisten Leute.«

»Natürlich tut sie das.« Sarahs Tonfall klang so vage, als hätte sie ihm nicht wirklich zugehört. »Sie gibt Inez nur gern Grund zu meckern.«

»Soll das etwa heißen, dass sie es absichtlich tut?« Damon hätte am liebsten laut gelacht, aber Sarahs Benehmen beunruhigte ihn. Durch die Hintertür gelangten sie auf eine kleine Veranda.

Vom Meer her strömte ihnen Wind entgegen. Er kam aus der Richtung des Hauses auf der Klippe. Sarah hob ihr Gesicht in den Wind und schloss einen Moment lang die Augen. Damon beobachtete ihr Gesicht und ihren Körper. Sarah war von vollständiger Stille umgeben. Ihr Körper war bei ihm, aber er hatte den Eindruck, dass ihr Geist sich vom Wind treiben ließ und bei ihren Schwestern im Haus auf der Klippe weilte.

Der Wind ließ ihn frösteln und sandte ihm einen Schauer der Sorge über den Rücken. Seine Arme überzogen sich mit Gänsehaut. Hier stimmte etwas nicht. Sarah wusste es längst und jetzt wusste auch er, dass hier etwas nicht stimmte.

Sarah schlug die Augen auf und sah ihn voller Sorge an. »Donna«, flüsterte sie.

Der Wind peitschte Blätter von den Bäumen und ließ das Laub in wirren kleinen Strudeln kreisen. Sarah starrte gebannt die Blätter an, die durch die Luft wirbelten. Ihre Finger schlossen sich enger um Damons Handgelenk. »Ich glaube, sie ist noch in der Nähe, aber wir müssen uns beeilen. Ruf im Büro des Sheriffs an. Sag ihnen, sie sollen einen Krankenwagen und einen Streifenwagen schicken. Ich glaube, einer deiner Kidnapper hat tatsächlich beschlossen, bei Donna einzukaufen.«

Sie ließ ihn stehen und sprang mit großen Sätzen auf das kleine Haus zu, das hinter dem Geschenkartikelladen stand. Es war von unzähligen Blumen und Sträuchern umgeben, eine grüne Oase inmitten der Stadt. »Moment mal!« Damon zögerte, denn er war hin- und hergerissen. Er wäre Sarah lieber gefolgt, als den Anruf zu machen. »Was ist, wenn noch jemand da ist? Und was ist, wenn der Sheriff mich für einen Spinner hält?«

»Es ist noch jemand da und du brauchst bloß zu sagen, ich hätte gesagt, es sei eilig.« Sarah warf die Worte über ihre Schulter zurück. Sie bewegte sich flink und doch lautlos, so geschmeidig und anmutig, dass sie ihn an ein Raubtier erinnerte, das sich anschleicht.

Damon fluchte tonlos und eilte ins Geschäft zurück. Inez stand direkt hinter dem Vorhang aus Perlenschnüren. Ihr Gesicht war sehr blass. »Was ist passiert?«, fragte sie und schlug sich eine Hand aufs Herz.

»Sarah hat gesagt, ich soll den Sheriff anrufen und ihm sagen, dass es eilig ist. Und einen Krankenwagen soll ich auch bestellen. Täten Sie das für mich, damit ich sichergehen kann, dass Sarah nichts zustößt?« Damon sprach mit sanfter Stimme, da er fürchtete, die ältere Frau könnte zusammenbrechen.

Inez reckte ihr Kinn in die Luft. »Gehen Sie ruhig, ich sorge dafür, dass auf der Stelle ein halbes Dutzend Bullen hier antanzt.«

Damon stieß einen Seufzer der Erleichterung aus und eilte hinter Sarah her. Sie war bereits aus seiner Sicht verschwunden und hielt sich in der bunten Blumenpracht verborgen. Stumm verfluchte er sein kaputtes Bein. Wenn er sich genügend Zeit ließ, kam er, wohin er wollte, aber er konnte nicht rennen, und sogar schnelle Schritte waren bereits gefährlich. Dann konnte es passieren, dass ihn sein Bein einfach im Stich ließ.

Das Herz pochte so heftig in seiner Brust, dass er fürchtete, es würde zerspringen. Die Vorstellung, Sarah könnte in Gefahr schweben, war entsetzlich. Er hatte geglaubt, für ihn hielte das Leben nichts mehr bereit, doch in seiner schwärzesten Stunde war Sarah in sein Leben getreten und hatte ihm Hoffnung und Licht gebracht. Gelächter und Mitgefühl. Sie lehrte ihn sogar, Inez zu schätzen. Jetzt fluchte Damon wieder. Ungestüm setzte er seinen Spazierstock ein, um sich einen Weg durch die Sträucher zu bahnen, während er über die Pflastersteine eilte. Donna musste große Mühe darauf verwandt haben, den Weg zwischen ihrem Haus und ihrem Laden anzulegen.

Ein leises Rascheln zu seiner Linken verriet ihm, wo Sarah sich verborgen hielt. Sie nutzte etliche der großen Rhododendren als Deckung, als sie langsam auf Donnas Haustür zuschlich. Ihr Handzeichen war unmissverständlich: Sie wollte, dass er sich zusammenkauerte und blieb, wo er war.

Ein erniedrigender Gedanke. Sarah eilte zur Rettung herbei, während er sich im Gebüsch versteckte. Er konnte deutlich erkennen, dass sie ein Profi war, und das machte alles noch schlimmer. Sie bewegte sich nicht nur wie ein Profi, sondern sie hatte auch eine Waffe hervorgezaubert, die ihr in der Hand lag, als sei sie so vertraut damit, dass sie im Grunde genommen eine Verlängerung ihres eigenen Arms war.

Damon begriff, dass er Sarah trotz seiner langen Gespräche mit ihr nicht allzu gut kannte. Er verzehrte sich mit Leib und Seele nach ihr, aber er kannte sie nicht. Gebannt beobachtete er, wie sie sich der Veranda näherte. Sogar der Wind schien sich gelegt zu haben und den Atem anzuhalten.

Sarah drehte sich um und blickte zum Himmel auf. Sie hob ihre Arme den Wolken entgegen. Ihr Gesicht war dem Haus auf der Klippe zugewandt. Plötzlich sah Damon ihre Schwestern deutlich vor sich. Sie standen über dem aufgewühlten Meer an der Brüstung und hoben gleichzeitig mit Sarah die Arme. Sie riefen den Wind herbei, riefen die Elemente an, um ihrer aller Willenskraft miteinander zu verbinden.

Der Wind stöhnte leise und trug die Klänge einer lieblichen Melodie herüber, so schwach, dass Damon die Worte nicht verstehen konnte, doch er wusste, dass die Stimmen weiblich waren. Dunkle Fäden verwoben sich zu dichten Wolken über seinem Kopf und der Wind stürmte auf das Haus ein und ließ die Fenster und die Türen klappern. Der Himmel verfinsterte sich unheilverkündend und dicke Regentropfen klatschten auf das Dach und auf die Pflastersteine. Damon schmeckte Salz in der Luft. Der Regen schien direkt aus dem Meer zu stammen, als hätte der Wind auf Geheiß einer Macht Salzwasser aus dem Meer getrieben und es über dem Land versprengt.

Der Wind zog sich zurück wie eine Welle und strömte dann wieder heran, diesmal mit wütendem Gebrüll. Er richtete sich gezielt gegen die Haustür, die unter seinem Ansturm aus den Angeln gerissen wurde, ins Haus fiel und dem eisigen Wind Zutritt gewährte. Sarah rollte sich hinter dem Windstoß her, während Papiere und Zeitschriften in alle Richtungen flogen und für Ablenkung sorgten. Im nächsten Moment hatte sie sich mit einer einzigen geschmeidigen Bewegung auf ein Knie gezogen und ihre Waffe angelegt.

»Ich will nicht auf Sie schießen, aber wenn Sie mich dazu zwingen, werde ich es tun«, sagte sie. Damon konnte ihre Worte klar und deutlich verstehen, obwohl sie mit gesenkter Stimme sprach. »Lassen Sie Ihre Waffe fallen und treten Sie sie weg.« Damon eilte die Stufen zur Veranda hinauf. Er konnte sehen, dass Sarahs Hand vollkommen still hielt. »Donna, rühr dich nicht von der Stelle, der Krankenwagen ist schon unterwegs.« Sie ließ den Mann, der neben Donnas ausgestreckter Gestalt stand, keinen Moment aus den Augen.

Damon konnte die Beule auf Donnas Kopf sehen, das Blut, das auf den dicken Teppich sickerte. Seine Finger schlossen sich so fest um seinen Stock, dass seine Knöchel weiß wurden. Er packte den Knauf mit beiden Händen und bebte vor Wut, als er die Frau auf dem Boden liegen sah und den Mann erkannte, der neben ihr stand.

»Damon.« Sarahs Stimme war sanft und doch gebieterisch. »Tu es nicht.«

Er hatte gar nicht gemerkt, dass er aggressiv einen Schritt vorgetreten war. Sarah hatte den Kopf nicht umgedreht und ihren wachsamen Blick nicht von Donnas Angreifer gelöst, aber sie wusste genau, was er vorhatte. Er rang mühsam um Selbstbeherrschung.

»Wie kommen Sie dazu, eine hilflose Frau anzugreifen?«, fragte Damon. Er bebte vor Wut und verspürte den unbändigen Drang, Vergeltung zu üben.

»Gib dich nicht mit ihm ab«, riet ihm Sarah. »Ich höre eine Sirene. Würdest du bitte nachsehen, ob es der Sheriff ist?«

Damon machte kehrt und hätte Inez beinah umgerannt. Er hielt sie fest, als sie an Donnas Seite eilen wollte. »Sie können jetzt nicht zu Donna. Sie würden Sarah in die Schusslinie laufen«, sagte er. Inez fühlte sich sehr leicht und zerbrechlich an. Sie hatte nie alt auf ihn gewirkt, doch jetzt konnte er sehen, dass ihr Gesicht vom Alter gezeichnet war. Sie wirkte so besorgt, dass er Angst um sie hatte. Mit größter Behutsamkeit zog er sie seitlich von der Tür fort.

Der Wind peitschte durchs Zimmer und ließ ein weiteres Mal lose Papiere durch die Luft fliegen. Inez erschauerte und streckte eine Hand aus, um die Tür gegen die eiskalte Meeresbrise zu schließen.

»Nein!« Sarahs Tonfall war jetzt so scharf, dass ihre Stimme kaum noch zu erkennen war.

Das genügte, um Damon tatkräftig einschreiten zu lassen. Er hielt die Tür für den Ansturm der Elemente auf. Erst jetzt nahm er die subtile Kraft wahr, die gemeinsam mit dem Wind ins Haus strömte. Er konnte den leisen Gesang hören, der vom Meer hereingeweht kam ... oder vom Haus auf der Klippe. Oder zumindest bildete er sich ein, diesen Singsang wieder zu hören.

Er musterte Donnas Angreifer. Es war einer der Männer, die ihn gefoltert hatten. Der Mann, der seine Waffe an Dans Schläfe gepresst und abgedrückt hatte. Warum stand dieser Mann regungslos da? Lag es wirklich nur an der Bedrohung, die Sarahs Waffe für ihn darstellte?

Damon bezweifelte nicht, dass sie schießen würde, wenn es notwendig war, aber hätte das ausgereicht, um einen solchen Mann einzuschüchtern? Er zweifelte daran. Es war noch etwas anderes im Raum, etwas, was den Killer dort festhielt.

Das Gefühl, alles hätte seine Richtigkeit, schlich sich in sein Herz ein und brachte einen gewissen Frieden mit sich. Sarah war eine Frau aus Seide und Stahl. Sie war einfach prachtvoll.

»Jonas kommt gleich«, flüsterte Inez Damon zu. »Sarah wird ein Problem haben. Wenn das vorbei ist, wird sie geschwächt sein und sich elend fühlen. Sie wird nicht wollen, dass jemand sie so sieht.«

Damon konnte Inez deutlich ansehen, dass sie seine Beziehung mit Sarah akzeptiert hatte. Das gab ihm das Gefühl von echter Zugehörigkeit. Ihre Anerkennung bedeutete ihm viel mehr, als ihm lieb war. Er empfand sich plötzlich als einen Teil der fest zusammengewachsenen Gemeinde und nicht mehr wie der Außenseiter, als der er sich bisher überall gefühlt hatte.

Er nickte und tat so, als hätte er alles verstanden, denn er war wild entschlossen, für Sarah da zu sein, wie sie immer für alle anderen da zu sein schien.

Jonas Harrington kam als Erster durch die Tür. Seine Augen waren hart und unnachgiebig. Im nächsten Moment hatte er Donnas Angreifer Handschellen angelegt. Sarah ging in die Hocke und senkte ihren Kopf. Mit einem zitternden Handrücken wischte sie sich den Schweiß von der Stirn. Damon war sofort an ihrer Seite, half ihr auf die Füße und zwang sie, sich auf ihn zu stützen, obwohl sie es gar nicht wollte, weil sie um seine Hüfte und um sein Bein besorgt war.

Sarah lief mit Damons Hilfe durch den Flur und in die Küche. Dort fand sie einen Stuhl, auf den sie sich setzen konnte. Sie blickte mit einem beifälligen Lächeln zu ihm auf. Das war alles. Mehr brauchte er auch gar nicht. Er holte ihr ein Glas Wasser und hielt es ihr an die Lippen, bis ihre Hände ruhig genug waren, um es selbst zu halten. Sie erholte sich ziemlich schnell wieder, blieb aber weiterhin blass.

»Hat es auf deine Schwestern dieselben Auswirkungen?«, fragte er.

Sarah nickte. »Es ist nicht dasselbe wie Zaubersprüche. Es kostet uns unglaublich viel Energie, jemanden gegen seinen Willen festzuhalten. Es liegt nicht in der Natur dieses Mannes, Dinge passiv über sich ergehen zu lassen.« Sie hielt ihm ihre Hand hin. »Es geht mir schon wieder besser. Ich muss dringend etwas essen und eine Zeit lang schlafen.« Sie seufzte. »Ich habe Irene versprochen, Drew heute Nachmittag zu besuchen, aber jetzt habe ich keine Kraft mehr. Jedenfalls nicht die Form von Kraft, die ich brauchte, um den beiden zu helfen.« Sie presste ihre Fingerspitzen auf ihre Schläfen. »Viel kann ich für Drew im Grunde genommen nicht tun und Irene weiß das. Vielleicht ist es gar nicht das Beste, ihn länger am Leben zu erhalten. Ich wünschte, Libby wäre hier.«

»Sarah.« Er schlug einen besonders sanften Tonfall an. »Lass das für den Moment auf sich beruhen. Jetzt bringe ich dich erst mal nach Hause. Dann bereite ich dir eine leckere Mahlzeit zu und hinterher kannst du schlafen. Mit Irene rede ich persönlich. Sie wird es verstehen.«

»Woher wusstest du, dass meine Schwestern mir geholfen haben?«

»Ich habe ihre Nähe gefühlt«, erwiderte er. »Hast du dich genügend erholt, um mit dem Sheriff zu reden?«

Sie nickte. »Und ich möchte noch sichergehen, dass Donna nichts Ernsthaftes fehlt.«

Als sie ins Wohnzimmer zurückkehrten, hatte Harrington Donnas Angreifer bereits in den Streifenwagen verfrachten lassen. Donna brach in Tränen aus und klammerte sich an Sarah und Inez. Damon kam sich hilflos und unnütz vor, doch er war von großem Stolz auf Sarah und ihre Schwestern erfüllt.

»Warum hat er dich angegriffen, Donna?«, fragte Sarah.

»Mir ist aufgefallen, dass er deinen Ohrring trug, Sarah. Es war der, den Joley für dich gemacht hat. Ich habe ihn an seinem Ohr gesehen. Da es ein Einzelstück ist, dachte ich mir, du müsstest ihn wohl verloren haben. Also habe ich ihn darauf angesprochen. Da hat er mir einen festen Schlag versetzt und mich durch die Hintertür aus dem Laden und in mein Haus gezerrt. Er hat mir zahllose Fragen über dich und Mr. Wilder gestellt.«

Sarah presste ihre Hand einen Moment lang auf Donnas Wunde. Damon behielt ihr Gesicht fest im Auge und sah, dass ihre Haut blasser wurde, bis sie vor Erschöpfung zu wanken begann. Sarah beugte sich hinunter und drückte Donna einen Kuss auf die Wange. »Du wirst bald wieder auf den Beinen sein. Mach dir wegen des Geschäfts keine Sorgen, wir schließen den Laden ab.«

»Ich begleite sie ins Krankenhaus«, sagte Inez und sah die Sanitäter finster an, damit sie es bloß nicht wagten, sich ihrem Willen zu widersetzen. Sie hielt Donnas Hand, als sie hinausgetragen wurde.

»Sarah?« Jonas Harrington hatte an der Wand gelehnt und gewartet, bis alle anderen gegangen waren. »Du hast doch einen Waffenschein?«

»Das weißt du ganz genau, Jonas«, erwiderte sie. »Du hast ihn schon mehr als einmal gesehen. Und die Gültigkeitsdauer ist ordnungsgemäß verlängert worden. Außerdem habe ich nicht auf den Mann geschossen, obwohl die Versuchung groß war, als Donna blutend auf dem Boden lag. Im Übrigen trägt er meinen Ohrring. Den will ich wiederhaben.«

»Du bekommst ihn zurück«, sagte Jonas und bemühte sich um Geduld. »Ich weiß, dass du müde bist, aber du musst mir ein paar Fragen beantworten.«

»Das ist einer der Männer, die mich entführt haben. Und zwar genau der, der meinen Assistenten umgebracht hat«, erklärte Damon. »Die beiden anderen müssen sich irgendwo in der Stadt aufhalten. Es sollte nicht allzu schwierig sein, sie zu finden, da wir ihn jetzt geschnappt haben.«

»Ich werde sie finden«, sagte Jonas grimmig. »Sarah, kommst du später ins Büro und gibst eine vollständige Aussage zu Protokoll? Den Täter habe ich im Streifenwagen vorausgeschickt. Ein Haftbefehl gegen ihn liegt bereits vor und die Leute vom FBI werden in Scharen hier anrücken, sowie wir sie benachrichtigen. Sie werden mit euch beiden reden wollen. Du solltest dich also besser ausruhen, solange du noch Gelegenheit dazu hast.«

Damon legte einen Arm um Sarahs Schultern. »Könntest du uns bei mir zu Hause absetzen, Sheriff?«

»Klar. Dann schließen wir mal schleunigst ab und verschwinden von hier, bevor Sarah umkippt und ihre Schwestern uns beiden aufs Dach steigen. Du hast noch nie erlebt, was es heißt, wenn sie alle gemeinsam über dich herfallen.« Er erschauerte. »Es ist wahrhaft zum Fürchten, Wilder.«

»Du bist der Einzige, dem das bisher zugestoßen ist«, hob Sarah hervor.

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